An(ge)dacht für März 2025
Es ist doch schön, eine Gemeinde zu haben, in der wir gut miteinander auskommen. Klar, es gibt hin und wieder kleinere Streitereien, aber im Großen und Ganzen geht es in der Hoffnungskirche doch recht harmonisch zu. Die meisten von uns sehen sich spätestens jeden Sonntag zum Gottesdienst, wir reden über Gott und die Welt und nehmen Anteil am Leben der anderen, wenn wir sie besuchen oder für sie beten.
Der baptistische Theologe Charles Spurgeon sagte einmal: „Inmitten der Kirche Gottes zu leben ist wie in einem Boot den Nil hinunter zu segeln. Man ist entzückt von der Üppigkeit beider Ufer und von all dem Schönen in der unmittelbaren Umgebung; aber ach! In geringer Entfernung auf beiden Seiten liegt eine riesige, unbebaute, fast hoffnungslose Wüste. Manche finden Ruhe, weil sie nie über die Grenzen der Kirche hinausblicken, aber diejenigen, deren Mitgefühl die ganze Menschheit erreicht, werden ihr Leben lang eine „Last des Herrn“ tragen müssen.“
Wie ist unsere Einstellung zu den Menschen, die hinter den schönen Ufern leben? Wie verhalten wir uns gegenüber fremden Personen und Ausländern? Sehen wir sie überhaupt, wenn wir zwischen den beschaulichen Ufern unserer Kirche auf dem Fluss des Lebens segeln?
Die Geschichte der Christenheit erzählt von Wanderern: Sie beginnt mit Jesus Christus, der über die Grenze, die das Göttliche und das Weltliche trennt, „gewandert“ ist, um seinen Mitwanderern (das sind du und ich) den Weg, die Wahrheit und Leben zu zeigen. Denn am Ende sind wir alle Fremde in dieser Welt. Wir sind nur eine kurze Zeit hier, Wanderer als Fremde in fremden Ländern, Pilger auf der Reise des Glaubens.
Als Reaktion auf die Morde, die in den vergangenen Wochen von Migranten in Deutschland begangen wurden, waren aus der Politik Rufe nach einem härteren Umgang mit Zugewanderten zu hören. Es sollte schnell und rücksichtslos abgeschoben werden, staatliche Leistungen sollten drastisch gekürzt werden, Menschen werden an den Grenzen abgewiesen. So einleuchtend diese Forderungen im ersten Moment klingen mögen, gehen sich doch am Kern des Problems und am Vers des Monatsspruchs vorbei. Es geht weder darum, alle Menschen aufzunehmen und ihnen Schutz zu bieten, während sie wiederholt die Gastfreundschaft überstrapazieren und gegen Gesetze verstoßen, noch darum, jeden Menschen abzulehnen, der um Asyl bittet.
Beide Forderungen sind oft von Menschen zu hören, die auch auf einem Fluss segeln und nichts weiter als das ihnen bekannte Ufer sehen. Dabei schüren solche pauschalen Äußerungen Angst und sind gefährlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die Werte des christlichen Abendlandes. Gottes Liebe kennt keine Grenzen und wir sollen einander lieben, so wie wir von ihm geliebt werden.
Der Monatsspruch macht uns Mut, über die schönen Ufer unserer Kirche hinauszusehen und gastfreundlich zu allen Menschen zu sein, die uns umgeben. Und vielleicht ist der nächste Fremde eine Gelegenheit, Gott zu preisen, in dem wir ihm Gastfreundschaft erweisen.
Sebastian Hechler